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Das Dilemma der nachhaltigen Geldanlagen

«Keine Rentengelder für Bomben», «Keine indirekte Beteiligung an der Klimaerwärmung»: Immer lauter werden die Stimmen der Kritik bezüglich Schweizer Geldanlagen in nichterneuerbare Energiequellen oder Rüstungsfirmen. Forderungen nach mehr ökologischem und sozialem Anlegen häufen sich. Pensionskassen geraten dabei besonders in den Fokus. Michael Ferber zeigt in der NZZ verschiedene Gründe auf, wieso es für Pensionskassen schwierig ist, die Forderungen nach nachhaltigen Anlagen umzusetzen.

NZZ; 08.03.2018; Michael Ferber

 

Wieso es für Pensionskassen schwierig ist, die Forderung nach nachhaltigen Anlagen umzusetzen

 

Die Vorsorgebranche kritisiert den Druck der Anleger, ökologisch und ethisch anzulegen: Was nachhaltig ist, sei nicht einfach zu definieren. Oft unterlägen die Anleger einer Doppelmoral.

 

«Das Sparguthaben in der Pensionskasse ist mein Geld, und ich will, dass die Kasse dieses gemäss meinen persönlichen Wertvorstellungen anlegt.» Auf diesen Standpunkt stellten sich Versicherte immer häufiger, berichtete Werner Hertzog, Direktor der Bernischen Pensionskasse (BPK), am Mittwoch an der Uhlenbruch-Kapitalanlagekonferenz in Zürich. Sie forderten etwa, dass die Vorsorgeeinrichtung nicht in Wertpapiere von Waffenherstellern oder Atomstromproduzenten anlege, dass sie keinen Handel mit Nahrungsmitteln betreibe und nicht mit Wohnraum spekuliere.

 

Oftmals schwierige Umsetzung

Ökologisches und soziales Anlegen liegt stark im Trend. Die BPK unternehme auch etwas zugunsten der diversen ethischen Anliegen, sagte Hertzog. Gleichzeitig appellierte er aber an den gesunden Menschenverstand. So störe ihn eine gewisse Doppelmoral bei den Versicherten. Manche forderten etwa, die BPK solle nicht in Wertpapiere von Boeing investieren, weil dieses Unternehmen zivile und militärische Flugzeuge sowie Militär- und Weltraumtechnik herstelle. Für Airbus gelte indessen das Gleiche. Während BPK-Versicherte dies also verlangten, hätten sie aber kein Problem, mit den Flugzeugen von Boeing und Airbus in die Ferien zu fliegen.

 

Gleichzeitig werde von der BPK erwartet, dass sie nicht in Firmen investiere, die Kriegsmaterial herstellten. Dies sei beim Rüstungskonzern Ruag der Fall. Gleichzeitig ist aber die Eidgenossenschaft Mehrheitsaktionärin bei Ruag. Handelt es sich hierbei also um einen «unethischen Investor» bzw. müsse die BPK ihr milliardenschweres Portefeuille an Staatsobligationen verkaufen, fragte Hertzog neckisch.

 

Die genannten Beispiele zeigen die Schwierigkeiten bei der Umsetzung eines nachhaltigen Anlageansatzes. Zu hitzigen Diskussionen in der Vorsorgebranche hat in diesem Zusammenhang auch eine Initiative des Bundesamts für Umwelt (Bafu) und des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF) im vergangenen Jahr geführt. Diese hatten Vorsorgeeinrichtungen und Versicherungen zu einer Studie eingeladen, bei der diese ihre Anlageportefeuilles anonym und kostenlos auf deren «Klimaverträglichkeit» überprüfen lassen konnten. In der Vorsorgebranche wird dabei der unterschwellige Druck kritisiert, der so auf die Pensionskassen ausgeübt werde. Deren eigentliche Aufgabe sei es schliesslich, Erträge für ihre Versicherten zu erzielen und die Renten zu sichern. Hertzog kritisierte an der Tagung zudem, die Studienmacher hätten nur 16% des BPK-Portfolios in Betracht gezogen und dort einen hohen Anteil von aus ihrer Sicht problematischen Positionen evaluiert. Die 84% unproblematischer Positionen hätten kein Gewicht gehabt. Die Studie sei letztlich in der Öffentlichkeit anders interpretiert worden, als es das Bafu gemeint habe.

 

«Ein freiwilliger Weg»

Silvia Ruprecht-Martignoli vom Bundesamt für Umwelt rechtfertigte an der Konferenz das Vorgehen von Bafu und SIF mit dem Klimaabkommen von Paris, welches die Schweiz unterzeichnet hat. Dieses sieht vor, die globale Erwärmung auf unter 2 Grad zu halten, wobei unter 1,5 Grad angestrebt würden. Dies soll unter anderem dadurch erreicht werden, dass Finanzflüsse «klimaverträglich» gemacht werden – und dies sei der Hintergrund, weshalb sich Bafu und SIF überhaupt für die Anlagepolitik der Schweizer Pensionskassen interessierten.

 

Dabei handle es sich um einen freiwilligen Weg, sagte Ruprecht-Martignoli. Der Bund schlage nicht etwa vor, dass nachhaltige oder ethische Anlagerichtlinien in die BVV2-Verordnung Eingang finden sollten. Vielmehr setze er darauf, dass der Finanzsektor selbst agiere. Sollte es aber keine Wirkung geben, müsse der Bund möglicherweise eine grössere Rolle übernehmen. Die Beteiligung der Pensionskassen und Versicherungen an der Studie sei erfreulich, rund zwei Drittel der verwalteten Vermögen seien getestet worden. Dies könne ein Startpunkt für Klimastrategien und eine Risikodiskussion sein. Die Klimawirkung hänge von künftigen Investitionsentscheiden ab.

 

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