You are here

Einkauf lohnt sich nicht immer

Ein Einkauf in die Pensionskasse kann sich aus verschiedenen Gründen lohnen, gerade im Hinblick auf entstehende Steuervorteile. Ob und wie stark es sich lohnt, hängt aber von zahlreichen Faktoren ab. Ein sauberer Check der persönlichen Situation ist für die Entscheidung unumgänglich. In diesem Ratgeberartikel der Handelszeitung sind die wichtigen Fragen hilfreich aufgelistet.

Handelszeitung; 18.08.2016; Ausgaben-Nr. 33; Invest; Fredy Hämmerly

Freiwillige Einzahlungen in die Pensionskasse verbessern die Altersvorsorge und sparen erst noch Steuern. Für viele sind sie darum erste Wahl, wenn es darum geht, das Geld einigermassen sicher und mit guter Rendite zu investieren. Zu Recht. Doch es gibt auch gewichtige Gründe, die zur Vorsicht mahnen. Zunächst einmal gilt es, die persönliche Situation zu überprüfen:

  • Besteht überhaupt ein Einkaufspotenzial und wenn ja, wie hoch ist es? Darüber gibt der Vorsorgeausweis Auskunft. Voraussetzung ist eine Vorsorgelücke, wie sie beispielsweise aufgrund von fehlenden Beitragsjahren oder gestiegenem Einkommen entstehen kann.
  • Reicht das frei verfügbare Vermögen nach einem Einkauf auch noch für ungeplante Ausgaben wie beispielsweise eine Krankheit, einen Unfall oder ein neues Auto? Denn Pensionskassen sind keine Bank; das Vorsorgekapital bleibt grundsätzlich bis zur Pensionierung gesperrt. Ein Vorbezug ist nur in wenigen Ausnahmefällen zulässig (siehe Kasten).
  • Wie sehen die Auswirkungen im Invaliditäts- oder Todesfall aus? Freiwillige Einzahlungen landen üblicherweise im überobligatorischen Topf. Einzelne Pensionskassen beschränken die Invaliditätsleistungen aber in Prozenten des bisherigen Einkommens. Freiwillig Einbezahltes verfällt zugunsten der Pensionskasse. Bei einem vorzeitigen Todesfall erhält der hinterbliebene Partner je nach Reglement der Kasse nur 60 Prozent der Rentenleistung an die versicherte Person. Übrige Erben gehen oft leer aus. Wer aufgrund seiner angeschlagenen Gesundheit nicht mit einem überdurchschnittlich langen Leben rechnen darf, sollte darum auf freiwillige Einkäufe verzichten.
  • Habe ich die Vorteile der ähnlich gelagerten Säule 3a voll ausgeschöpft? Hat man Einzahlungen in die steuerbegünstigte Säule 3a einmal verpasst, sind sie verloren. Das Einkaufspotenzial in die Pensionskasse bleibt bestehen. Zudem ermöglichen mehrere 3a-Konti den steuergünstigen gestaffelten Bezug der Vorsorgegelder. Pensionskassenkapital kann normalerweise nur einmalig bezogen werden.

Insbesondere jüngere Leute sollten sich auch überlegen, ob sie mit alternativen Anlagen nicht besser fahren. Angesichts des langen Investitionshorizonts von 20 oder noch mehr Jahren bieten sich vor allem Aktien an, die über so lange Zeiträume erfahrungsgemäss nach Steuern mit gegen 7 Prozent pro Jahr rentieren. Pensionskassen bringen auf lange Sicht dagegen nur etwa 3,5 Prozent.

Dies hauptsächlich aus zwei Gründen: Vorsorgeeinrichtungen dürfen im Normalfall höchstens die Hälfte ihres Kapitals in Aktien anlegen. Tatsächlich beschränken sich die meisten gar auf Aktienanteile von 20 bis 30 Prozent. Schwergewichtig investieren sie in Immobilien und Obligationen, wobei vor allem Letztere langfristig eine deutlich schlechtere Performance aufweisen als Aktien.

Zum andern verwässert sich der schöne Steuervorteil eines PK-Einkaufs über die Jahre. Zwar kann der kurzfristige Effekt sehr hoch sein. Der Einkauf kann leicht zu einer Steuerersparnis von 20 bis 30 Prozent führen. Verteilt über einen Zeitraum von 20 oder 30 Jahren bringt das allerdings bloss noch eine Zusatzrendite von 1 Prozent. PK-Einkäufe lohnen sich also vor allem in den Jahren vor der Pensionierung. Viele Experten empfehlen sie deshalb erst etwa ab dem 55. Altersjahr. Doch Vorsicht: In den letzten drei Jahren vor der Pensionierung sind sie nicht mehr zulässig, wenn man sein gesamtes Altersguthaben oder einen Teil davon als Kapital beziehen möchte. Und auch der garantierte Mindestumwandlungssatz von 6,8 Prozent gilt nur für das Obligatorium. Der überobligatorische Topf wird dagegen vielfach nur mit 5 bis 5,5 Prozent verzinst, teilweise sogar noch schlechter.

Qualität der Pensionskasse prüfen

Nebst der persönlichen Situation gilt es vor allem aber auch, die Qualität seiner Pensionskasse zu prüfen. Denn bei weitem nicht jede Kasse ist wirklich einkaufswürdig. Vorsicht ist vor allem am Platz, wenn die Pensionskasse in Unterdeckung steckt, ihre Verpflichtungen und Versprechungen gegenüber ihren Versicherten also nicht jederzeit zu 100 Prozent erfüllen kann. Abzuraten ist in der Regel von Einkäufen in Vorsorgeeinrichtungen mit einem Deckungsgrad von weniger als 95 Prozent. Denn in solchen Fällen drohen Sanierungsmassnahmen. Dazu zählen nicht zuletzt Rentenkürzungen für die aktive Generation, wovon auch Guthaben im überobligatorischen Topf betroffen wären. Gelder im überobligatorischen Topf werden im Sanierungsfall häufig nicht mehr verzinst. Wechselt der Arbeitgeber die Pensionskasse oder kommt es zu einer Entlassungswelle, so gibt die bisherige Kasse normalerweise den Versicherten ihr Kapital nur noch gekürzt um den Betrag der Unterdeckung weiter.

Der Deckungsgrad alleine sagt allerdings noch nicht genug über die Gesundheit einer Kasse aus. Denn viele Vorsorgeeinrichtungen schönen ihren Deckungsgrad, indem sie von überaus optimistischen internen Zinssätzen ausgehen. Oft rechnen sie noch damit, dass sie langfristig 3,5 und mehr Prozent jährliche Nettorendite erzielen. Eine realistische Einschätzung würde dagegen wohl eher von 2 bis 2,5 Prozent ausgehen. Die Mindestversicherung beträgt im Obligatorium derzeit 1,25 Prozent. Im Überobligatorium gibt es keinen Mindestsatz.

Eine Faustregel besagt, dass der Deckungsgrad pro halbem Prozent technischem Zinssatz um 5 Prozent fällt. Eine Pensionskasse mit einem angeblichen Deckungsgrad von 100 Prozent könnte bei einem internen Zinssatz von 3,5 Prozent und 50 Prozent Rentnern also leicht einen harten Deckungsgrad von lediglich 95 Prozent oder noch weniger aufweisen. Auf der sicheren Seite sind die Versicherten nur bei der Vollversicherung einer Lebensversicherung. Sie garantiert einen Deckungsgrad von mindestens 100 Prozent. Doch diese Sicherheit lässt sie sich mit höheren Prämien und tieferen Renten bezahlen.

Vorbezug

Der Vorbezug von Pensionskassengeldern ist in folgenden Fällen zulässig:

Zur Finanzierung von selbstgenutztem Wohneigentum (nur Hauptwohnsitz).

Beim Wechsel in eine selbstständige Tätigkeit zur Finanzierung des Firmenaufbaus oder zur Anschaffung von Maschinen, normalerweise beschränkt auf das erste Jahr.

Beim definitiven Verlassen der Schweiz in ein Land ausserhalb von EU und Efta. Der überobligatorische Teil darf auch beim Wechsel in ein EU- oder Efta-Land vorbezogen werden.

Bei Tod oder Invalidität (volle IV-Rente).

Categories: 

Blog Buttons Bottom

Add new comment