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Die AHV steckt voller Fallstricke

Die AHV ist für einen Drittel der Schweizer Bevölkerung die wichtigste Finanzquelle im Alter und für die gesamte Bevölkerung ein wesentlicher Bestandteil der Altersvorsorge. Dieser Artikel unterstreicht, wie wichtig es ist, sich frühzeitig und vertieft mit der eigenen AHV zu befassen, gibt es doch diverse Punkte, wo man Einfluss auf die dereinst zu beziehende AHV-Rente üben kann.

Handelszeitung; 19.05.2016; Ausgaben-Nr. 20; Seite 26; Fredy Hämmerli

Vorsorge. Die AHV ist für ein Drittel der Bevölkerung die wichtigste Finanzquelle im Alter. Doch um die Maximalrente zu erhalten, muss man einiges beachten.

Der Staat nimmts – der Staat gibts. Nach diesem geradezu fatalistischen Motto entrichten die Schweizerinnen und Schweizer ihre AHV-Beiträge, ohne sich gross darum zu kümmern. Die meisten merken nicht einmal viel davon, weil ihnen die Sozialversicherungsbeiträge direkt vom Lohn abgezogen und zusammen mit den Arbeitgeberbeiträgen an die Ausgleichskasse überwiesen werden. Im Gegenzug erwarten Herr und Frau Schweizer, dereinst eine zumindest existenzsichernde AHV-Rente zu erhalten.

Dass dies eine Fehlspekulation sein könnte, zeigt sich an der Diskussion um die Altersvorsorge 2020, die sogenannte Berset-Reform, die nicht zuletzt zum Ziel hat, die AHV als 1. Säule unserer Altersvorsorge auch in Zukunft zu sichern. Angesichts der steigenden Lebenserwartung und der damit verbundenen zusätzlichen Rentenjahre ist das kein einfaches Unterfangen. So ist die Betriebsrechnung der AHV bereits ins Minus gerutscht. Ohne Reformen ist der AHV-Topf spätestens um das Jahr 2030 leer. Der gesellschaftliche und politische Wille, dies noch rechtzeitig zu verhindern, scheint derzeit aber gering.

Umso wichtiger ist es, persönlich alles zu unternehmen, um die eigene AHV zu schützen und sich eine möglichst hohe Rente zu sichern. Denn bei weitem nicht alle erhalten die AHV-Maximalrente, selbst wenn sie weit höhere Beiträge leisten, als dafür nötig wären. Entscheidend ist nämlich nicht so sehr die Höhe der Beiträge, sondern deren Regelmässigkeit. Wer in einem Jahr einmal keine AHV-Beiträge entrichtet, sei es wegen eines Auslandaufenthalts, einer Weiterbildung oder einer Babypause, den bestraft das AHV-System mit einer um 2,3 Prozent gekürzten Rente. Immerhin: Wer es noch rechtzeitig merkt, kann eine Nachzahlung leisten und die entstandene Lücke bis zu fünf Jahren zurück wieder auffüllen.

Die AHV, inklusive Ergänzungsleistung für ein Drittel der Bevölkerung die wichtigste und für ein Viertel sogar die einzige Finanzquelle im Rentenalter, weist aber noch mehr Fallstricke auf als bloss verpasste Beitragsjahre. So erhält die Maximalrente nur, wer sein ganzes Erwerbsleben lang das AHV-Mindesteinkommen von zurzeit rund 85 000 Franken jährlich erreicht hat (inflationsbereinigt und aufgewertet). Wer genau wissen will, wie hoch seine mutmassliche AHV-Rente ausfallen wird, kann dies bei seiner AHV-Kasse oder beim AHV-Ausgleichsfonds in Genf erfragen.

AHV-Rente fliesst nicht automatisch

Für Verheiratete wird die AHV so oder so nicht das Doppelte der AHV-Maximalrente betragen, nur das Anderthalbfache. Dies in der Annahme, ihre Lebenshaltungskosten seien tiefer als bei Alleinstehenden. Im Gegenzug profitieren Verheiratete während ihres aktiven Erwerbslebens von einer Witwen- bzw. Witwerrente. Dennoch berichten Scheidungsanwälte immer wieder von Fällen, in denen sich Ehepaare mit dem Eintritt ins Rentenalter scheiden lassen, um künftig von zwei vollen Renten zu profitieren, auch wenn sie weiterhin Tisch und Bett teilen. Ist das offizielle Rentenalter (Frauen 64/Männer 65) erreicht, gehen viele davon aus, dass die AHV-Rente nun automatisch zu fliessen beginnt. Dem ist nicht so. Es braucht eine Mitteilung an die AHV-Kasse des letzten Arbeitgebers, damit die Rentenzahlungen beginnen. Wer die Rente aufschieben möchte, hat noch bis zu einem Jahr Zeit, dies der zuständigen Kasse mitzuteilen.

Der AHV-Aufschub kann sich lohnen, wenn man mit einem überdurchschnittlich langen Leben rechnen darf und das übrige Einkommen aus Pensionskasse oder beruflicher Tätigkeit zum Bestreiten der Lebenshaltungskosten ausreicht. Das senkt die Steuerprogression. Und die AHV-Beiträge sind nicht verloren: Für ein Aufschubjahr erhöht sich die AHV-Rente um 5,2 Prozent. Maximal sind fünf Aufschubjahre möglich, was zu einer Rentenerhöhung von 31,5 Prozent führt. Aber auch der Vorbezug der AHV ist bis zu drei Jahre möglich. Dies führt zu einer Rentenkürzung von 6,8 Prozent pro Jahr. Der Abzug ist so hoch, dass er sich in der Regel nur empfiehlt, wenn die Gesundheit angeschlagen und die Lebenserwartung verkürzt ist.

Nicht alle AHV-Beiträge rentenbildend

Ein besonderes AHV-Problem hat, wer sich vorzeitig pensionieren lässt. Denn die AHV-Pflicht erlischt wegen des wegfallenden Erwerbseinkommens keineswegs. Es werden AHV-Beiträge auf Basis des Vermögens und der Rentenbezüge fällig, die bei hohen Vermögen (ab rund 8 Millionen Franken) bis zu 24 000 Franken jährlich betragen können. Ehepaare zahlen maximal das Doppelte. Für viele unverständlich: Diese AHV-Beiträge sind nicht mehr rentenbildend. Egal ob man die AHV-Rente bereits vorbezieht oder nicht, führt dies also zu einem reduzierten Rentenbetrag.

Verhindern lässt sich dies nur, indem man während mindestens neun Monaten im Jahr mit einem Minimalpensum von 50 Prozent weiterarbeitet. Wird damit der AHV-Minimalbeitrag von zurzeit 960 Franken erreicht, so ist auch der Ehepartner voll mitversichert. Sonst wird eine Vergleichsrechnung angestellt: Wer dank hohem Einkommen in weniger Zeit mehr AHV abliefert, als auf Basis seines Vermögens erforderlich wäre, ist von der Abgabe befreit. Wer weniger verdient, zahlt für die Differenz. Das kann teuer werden. So teuer, dass es sich sogar lohnen kann, sein Arbeitspensum noch einmal zu erhöhen.

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